Anwälte für Verkehrsrecht - Rechtsberatung zur Unfallschadenregulierung bis hin zum Verkehrsverwaltungsrecht (Führerschein/Punkte)

FAQ (Verkehrsrecht – Unfallschadenregulierung)

1. Was bedeutet eigentlich Unfallschadenregulierung?
   Bei einem Verkehrsunfall können insbesondere Sachschäden am betroffenen Fahrzeug aber auch Personenschäden entstehen. Die dann folgende Schadenregulierung, die regelmäßig durch den Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers erfolgt, soll dem Geschädigten den Schadensersatz leisten, der ihm gesetzlich zusteht. Dabei ist zunächst die Haftungslage dem Grunde nach zu klären. Kommt es zu einem Unfall, der von beiden Beteiligten mitverursacht wurde, kann es zu einer Quotelung (bspw. 50% zu 50%) kommen, so dass die Schäden auch nur anteilig erstattet werden. Das Gesetz sieht vor, dass ein Geschädigter – im Falle der Alleinhaftung des Unfallgegners – nach einem Verkehrsunfall finanziell nicht schlechter stehen darf als vor dem Unfall. Im Einzelfall sind stets die Rechtsprechungsgrundsätze zur Unfallschadenregulierung und den verschiedenen Abrechnungsmethoden zu berücksichtigen. Der Geschädigte muss grundsätzlich den Beweis erbringen, dass der erlittene Schaden unfallbedingt, also ausschließlich durch den Unfall, entstanden ist. Daher ist schon bei der Unfallaufnahme besondere Gründlichkeit geboten.
2. Welche Schadensersatzansprüche stehen einem Geschädigten nach einem Verkehrsunfall typischerweise zu?
   Grundsätzlich sind die erforderlichen Reparaturkosten für das beschädigte Fahrzeug zu erstatten. Diese können regelmäßig nur durch einen Sachverständigen ermittelt werden, wobei die Schadenermittlungskosten für die Erstellung des Gutachtens ebenfalls Teil des zu leistenden Schadensersatzes sind. Im Falle eines Totalschadens wird üblicherweise der Wert des Fahrzeugs vor dem Unfall (Wiederbeschaffungswert) zugrunde gelegt und ein ermittelter Restwert in Abzug gebracht. Auch die An- und Abmeldekosten sind im Totalschadenfall erstattungspflichtig. Weiterhin wird eine gutachterlich festgestellte Wertminderung als Schadensersatz geleistet. Ebenfalls wird ein sog. Nutzungsausfall für die konkrete Reparaturdauer oder aber die Kosten eines Mietwagens erstattet. Zu der Regulierung einzelner Schadenpositionen ist die umfangreiche Rechtsprechung zu beachten, da stets Besonderheiten des konkreten Einzelfalls einbezogen werden müssen.Im Falle eines Personenschadens steht dem Geschädigten ein angemessenes Schmerzensgeld zu. Dessen Höhe ist u.a. abhängig von den diagnostizierten unfallbedingten Verletzungen, der Dauer der Beeinträchtigungen, den persönlichen Lebensumständen, etc. Die Bemessung des Schmerzensgeldes erfolgt daher nicht schematisch. Darüber hinaus werden bei schweren Verletzungen bspw. auch ein sog. Haushaltsführungsschaden oder sog. vermehrte Bedürfnisse ersetzt.
3. Was bedeutet konkrete bzw. fiktive Schadenabrechnung?
   Dem Geschädigten steht grundsätzlich die Dispositionsfreiheit zu, selbst zu entscheiden, auf welche Weise er die Schadenregulierung durchführen möchte. D.h. es steht dem Geschädigten frei, ob er überhaupt und wo er sein Fahrzeug reparieren lassen will.Deshalb darf der Geschädigte auch auf Grundlage eines Gutachtens den Schaden abrechnen, was als fiktive Schadensberechnung bezeichnet wird. Dann ist die gegnerische Versicherung verpflichtet, die Reparaturkosten (netto) zzgl. einer festgestellten Wertminderung zu erstatten. Die kalkulierte Umsatzsteuer auf die Reparaturkosten wird dann nicht bezahlt, da diese nur zu erstatten ist, wenn sie tatsächlich anfällt. Sofern ein Geschädigter nach Erhalt des Gutachtens eine Reparatur nach den Vorgaben des Gutachtens durchführen lässt, muss der Versicherer die vollständige Rechnung inkl. Umsatzsteuer erstatten. Dies wird als konkrete Schadenabrechnung bezeichnet.Etwas anderes gilt für den Fall des Totalschadens (Reparaturkosten inkl. USt. zzgl. etwaiger Wertminderung übersteigen den Wiederbeschaffungswert des Pkw vor dem Unfall). In diesem Fall darf das Fahrzeug nur dann fachgerecht und im Umfang des Gutachtens repariert werden, wenn die Reparaturkosten brutto zzgl. etwaiger Wertminderung nicht 30 % über dem Wiederbeschaffungswert brutto liegen und das Fahrzeug für mindestens sechs Monate weiter genutzt wird.Dem Geschädigten steht es grundsätzlich frei, wie er mit dem beschädigten Pkw weiter verfährt. Er kann es behalten oder verkaufen und darf sich auf den sachverständig ermittelten Restwert verlassen. Der Versicherer darf jedenfalls dann nicht auf einen höheren Restwert verweisen, wenn der Pkw zu dem im Gutachten genannten Restwert veräußert wurde.
4. Gibt es Einschränkungen bei der fiktiven Schadenabrechnung?
   Fast regelmäßig werden die sachverständig ermittelten Reparaturkosten durch die Kfz-Haftpflichtversicherer im Falle der fiktiven Abrechnung gekürzt. Häufig wird eine Stellungnahme vom Versicherer vorgelegt, welche die kalkulierten Kosten aus verschiedensten Gründen für unzutreffend hält. Auch hier ist der Einzelfall zu prüfen. Bspw. wird häufig auf Stundenverrechnungssätze von freien Werkstätten verwiesen, die günstiger sind als im Gutachten kalkulierte Stundensätze von markengebundenen Fachwerkstätten. Dabei hat der BGH klargestellt, dass eine solche Verweisung auf günstigere Werkstätten zwar unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein kann. Allerdings ist eine solche Verweisung jedenfalls dann unzumutbar, wenn das Fahrzeug des Geschädigten stets in einer markengebundenen Werkstatt gewartet und repariert wurde.

FAQ (Verkehrsrecht – OWi-Verfahren)

1. Was ist der Unterschied zwischen einem Anhörungsbogen und einem Zeugenfragebogen und muss darauf reagiert werden?
   Bevor ein Bußgeldbescheid erlassen wird, wird durch die Behörde ein Anhörungsbogen versandt. Der Anhörungsbogen dient dazu, dem Fahrer die Gelegenheit zu geben, sich zu dem Vorfall zu äußern, wenngleich hierzu keine Verpflichtung besteht. Sofern man sich mit Angaben zur Sache selbst belasten würde, steht dem Betroffenen ein sog. Aussageverweigerungsrecht zu.Ist aber der Halter des Fahrzeugs nicht mit dem Fahrer zum Tatzeitpunkt identisch ist, muss der Fahrer durch die Behörde ermittelt werden. Denn der Fahrzeughalter haftet grundsätzlich nicht für eine Ordnungswidrigkeit, die durch einen anderen Fahrer mit seinem Fahrzeug begangen wurde; in Deutschland gilt die sog. Fahrerhaftung, nicht die Halterhaftung. Zur Ermittlung des für die Ordnungswidrigkeit verantwortlichen Fahrers, wird die Behörde einen Zeugenfragebogen an den Halter versenden. Damit soll der Fahrer oder zumindest die Person ermittelt werden, der das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt überlassen war. Sofern ein Zeugnisverweigerungsrecht (bspw. bei Ehepartnern oder nahen Verwandten) besteht, dürfen Angaben verweigert werden. Sofern der Zeugenfragebogen aber einfach ignoriert wird, werden häufig durch die Polizei weitere Ermittlungen vor Ort durchgeführt und es besteht die Gefahr, dass dem Halter auferlegt wird, ein Fahrtenbuch zu führen.
2. Welche Frist ist nach Erhalt des Bußgeldbescheides einzuhalten, wie ist der weitere Verfahrensablauf?
   Erhält ein Betroffener einen Bußgeldbescheid zugestellt, wir dieser nach Ablauf von zwei Wochen ab dem Zustellungsdatum rechtskräftig und vollstreckbar, wenn kein schriftlicher Einspruch bei der Behörde eingelegt wird. Die Einhaltung der Frist von zwei Wochen ist sehr wichtig. Lediglich im Fall einer unverschuldeten Fristversäumnis, was im Einzelnen darzulegen ist, besteht die Möglichkeit eine sog. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, um den (versäumten) Einspruch noch nachzuholen.Wird Einspruch eingelegt und ggf. begründet, kann die Behörde die Entscheidung nochmals überprüfen. Ob eine Begründung des Einspruchs sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab. Wird der Bußgeldbescheid nicht durch die Behörde zurückgenommen, werden die Akten an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, die sodann dem zuständigen Amtsgericht den Fall zur weiteren Entscheidung vorlegt. Im Regelfall wird das Gericht einen Termin zur Hauptverhandlung über den Einspruch anberaumen und den Betroffenen dazu laden.
3. Wie verhält es sich mit den „Punkten“ in Flensburg?
   Beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg wird zentral das sog. Fahreignungsregister (FAER) geführt. Das FAER ersetzt seit 2014 das frühere Verkehrszentralregister (VZR). Dort werden grundsätzlich alle Bußgelder ab 60,00 EUR und strafrechtliche Verurteilungen (Straßenverkehrsdelikte) nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem eingetragen.Wie viele Punkte für einen Verstoß im Straßenverkehr einzutragen sind, bestimmt der Punktekatalog. Eingetragene Entscheidungen werden mit 1 bis 3 Punkten bewertet und nach bestimmten Fristen wieder gelöscht. Bspw. wird eine Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Pkw von 20 km/h außerorts mit 1 Punkt bewertet und eingetragen.Wird ein bestimmter Punktestand im FAER erreicht, trifft die Verwaltungsbehörde folgende Maßnahmen:
   • Bei 4 bis 5 Punkten erfolgen eine schriftliche Ermahnung sowie der Hinweis auf die Möglichkeit der freiwilligen Teilnahme an einem Fahreignungsseminar. Durch die Teilnahme wird 1 Punkt abgebaut, wobei maximal 1 Punkt nur alle 5 Jahre abgebaut werden kann.
   • Bei 6 bis 7 Punkten erfolgen eine schriftliche kostenpflichtige Verwarnung sowie der Hinweis auf die Möglichkeit der Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, wobei hierdurch keine Punkte mehr abgebaut werden können. Ebenfalls erfolgt der Hinweis, dass bei Erreichen von 8 Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird.
   • Ab 8 Punkten wird die Behörde die Fahrerlaubnis entziehen.

    

Aktuelle Verkehrsrechts Entscheidungen & Urteile

Zur fiktiven Schadenabrechnung bei Kfz-Schäden (OLG Frankfurt am Main v. 18.06.2019, 22 U 210/18):
Der BGH (Urteil v. 22.02.2018, VII ZR 46/17) hatte die sogenannte „fiktive Schadenabrechnung“ anhand eines Gutachtens für unzulässig erklärt, wenn es sich um eine fiktive Schadenabrechnung im Baurecht/Werkvertragsrecht handelt. Das LG Darmstadt hatte überraschenderweise im Urteil v. 05.09.2018, 23 O 386/17 diese Grundsätze auf die Schadenabwicklung bei Kfz-Schäden übertragen und ausgeführt, dass ein zu ersetzender Schaden fiktiv auf Gutachtenbasis nicht mehr berechnet werden darf, beschränke sich nicht nur auf werkvertragliche Ansprüche. Damit wurde einem Geschädigten die fiktive Schadenabrechnung auf Basis eines Sachverständigengutachtens nach einem Verkehrsunfall verwehrt. Allerdings wurde durch Beschluss des OLG Frankfurt v. 18.06.2019, 22 U 210/18 diese Entscheidung des LG Darmstadt aufgehoben. Das OLG Frankfurt führt ausdrücklich aus, dass gem. § 249 BGB in der Regel ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer Fachwerkstatt anfallenden Reparatur unabhängig davon besteht, ob der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt.

Zur Bemessung des „angemessenen“ Schmerzensgeldes (OLG Frankfurt am Main v. 18.10.2018, 22 U 97/16):
Die Bemessung eines angemessenen Schmerzensgeldes bei Personenschäden ist ein juristisch und praktisch sehr kompliziertes Thema. Es wird schon lange kontrovers diskutiert, ob die Bemessung vereinheitlicht bzw. schematisiert werden kann. Üblicherweise werden Gerichtsentscheidungen zu vergleichbaren Verletzungsmustern und mit vergleichbarer Behandlungsdauer für die Bemessung eines Schmerzensgeldes herangezogen. In der Literatur wird seit längerem ein Modell der sogenannten „taggenauen Schmerzensgeldberechnung“ befürwortet. Das OLG Frankfurt hat nun als erstes Obergericht in Deutschland mit seinem Urteil vom 18.10.2018 jedenfalls auch die taggenaue Schmerzensgeldberechnung als Bemessungsgrundlage für ein angemessenes Schmerzensgeld berücksichtigt und dem Geschädigten damit ein höheres Schmerzensgeld zugebilligt, als es sich aus vergleichbaren Gerichtsentscheidungen hätte entnehmen lassen. Dagegen entschied das OLG Düsseldorf allerdings in einem Urteil vom 28.03.2019, 1 O 66/18, dass sich die Anwendung der taggenauen Schmerzensgeldberechnung verbiete, da gerade keine Schematisierung der Schmerzensgeldberechnung erforderlich sei; vielmehr müssten die konkreten Einzelfallumstände berücksichtigt werden. Das Thema „angemessenes Schmerzensgeld“ wird also nach wie vor auch in der Rechtsprechung kontrovers behandelt. Eine Entscheidung des BGH zur Anwendbarkeit des Berechnungssystems der taggenauen Schmerzensgeldbemessung liegt bislang nicht vor.